Die Deutsche Rentenversicherung hat meinem Mandanten kürzlich eine unbefristete volle Erwerbsminderungsrente bis zum Beginn seiner Regelaltersrente im Jahr 2041 bewilligt.
Doch ist das der Regelfall und gibt es dann wirklich nie wieder eine Gesundheitsprüfung?
Nein, dies ist nicht der Regelfall. Im Gegenteil werden Erwerbsminderungsrenten gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI als gesetzlicher Regelfall zunächst auf Zeit geleistet.
Sie wird maximal für drei Jahre gewährt. Vor Ablauf der Befristung muss ein Antrag auf Weitergewährung beantragt werden. Häufig stellt dies für die Betroffenen eine zusätzliche psychische Belastung dar, da keine dauerhafte Sicherung der Existenzgrundlage gegeben ist. In diesem Verfahren wird seitens der Deutschen Rentenversicherung geprüft, ob sich der Gesundheitszustand verändert hat. Nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren sei davon auszugehen, dass die Erwerbsminderung nicht behoben werden könne, sodass dann eine unbefristete Erwerbsminderungsrente geleistet wird.
Unbefristete Erwerbsminderungsrenten ab Rentenbeginn werden also nur in absoluten Ausnahmefällen gewährt. Im Grunde muss es unwahrscheinlich sein, dass die Erwerbsminderung behoben werden könne. Der Begriff „Unwahrscheinlichkeit“ im Sinne des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI liege dann vor, wenn aus ärztlicher Sicht bei Betrachtung des bisherigen Verlaufs nach medizinischen Erkenntnissen und unter Berücksichtigung noch vorhandener therapeutischer Möglichkeiten eine Besserung nicht anzunehmen sei, durch welche sich eine rentenrechtlich relevante Steigerung der Leistungsfähigkeit des Versicherten ergeben würde. Solange also die Möglichkeit bestehe, das Leistungsvermögen eines Versicherten auf der Grundlage anerkannter Behandlungsmethoden wiederherzustellen und keine gesundheitsspezifischen Kontraindikationen entgegenstünden, muss davon ausgegangen werden, dass es zukünftig zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit kommen kann. (LSG Stuttgart, Urteil vom 21.07.2022, L 10 R 2529/21)
Im Falle meines Mandanten lagen bereits vielfache Gesundheitsbeeinträchtigungen, unter anderem ein Fibromyalgie-Syndrom, eine schwere chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine mittelschwere bis schwere Depression, ein Reizdarm, Spannungskopfschmerzen und eine Autoimmunerkrankung vor. Die Beeinträchtigungen sind bereits so gravierend und sich gegenseitig beeinflussend, dass der Mandant äußerst weitschweifig über sein Krankheitsbild redet und gedanklich daran sehr fixiert ist. Unter diesen Umständen zu arbeiten, ist nicht mehr möglich, weshalb die Gesamtheit aller Umstände zu einer unbefristeten Verrentung führte.
Aber auch in den seltenen Fällen, dass eine Erwerbsminderungsrente von Beginn an als Dauerrente gewährt wird, ist eine erneute Gesundheitsprüfung nicht komplett ausgeschlossen. Dies behält sich die Deutsche Rentenversicherung durch Mitteilung im Rentenbescheid jederzeit vor.
Wie immer ist jeder Einzelfall für sich zu betrachten. Ich stehe Ihnen gerne beim gesamten Antragsverfahren, beim Antrag auf Weitergewährung oder in Widerspruchs- und Klageverfahren mit meiner Expertise zur Seite.